HOLZMASTEN, LYRIK
Auf jedem Spielplatz in Tokyo
sitzt nachts ein kleiner Mann mit Aktenkoffer
Auf jedem Holzmast in Tokyo
sitzt mittags ein Rabe
Zwischen zwei Masten hängen zehn Kabel
Unter diesen Kabeln
gehen junge Männer mit weißen Plastiktüten
Dosenkaffee und Zigaretten
In der Fensterscheibe eines Cafés
sitzt das Spiegelbild eines alten Mannes
die Anzahl der Holzmasten schätzend
während auf einer tiefen Pfütze
Autos durch sein Gesicht treiben
BILDERWANDERN, PROSA
Eine blaue Fläche erstreckt sich vor mir im Raum. Ich gehe darauf zu. Unter mir funkelt ein heller Marmorfußboden, die Wände des Raums sind weiß und werfen mir das Licht der Deckenlampen entgegen. Alles vollkommen normal, nur dass hier eine blaue Fläche mitten im Raum schwebt. Sie ist nicht durchsichtig, sondern besteht aus einer vollkommen klaren, strahlenden Farbe. Ich gehe um sie herum. „Wahrscheinlich ist es lackiertes Glas“, denke ich, doch als ich parallel zu der Fläche stehe, verschwindet sie plötzlich. Einen Moment bleibe ich so, dann bewege ich meinen Kopf. Erst erscheint eine blaue Linie, dann erkennt man wieder eine Scheibe. Fasziniert stehe ich da und bewege meinen Kopf hin und her, die Scheibe verschwindet, taucht wieder auf. Ich streiche mit der Hand über meinen Bart und recke den Hals, um die Aufhängung zu erkennen. Meine Augen suchen den Raum zwischen Decke und Fläche ab. Da ist nichts. Ich beuge mich unter das Bild: Es liegt auch nirgendwo auf. Keine Glasfaserstäbe, keine Nylon-Aufhängung. Verwirrt schaue ich mich nach der Beschreibung um. Normalerweise hängt immer irgendwo ein kleines Schildchen mit Titel und Künstlername, hier aber nicht. Einige Zeit stehe ich so und starre in das Blau, dann blicke ich auf meine Uhr. „12:34“. Ich kratze mich am Kopf. So lange bin ich schon hier? Wir sind doch schon um 9 ins Museum gekommen. Wie auch immer, meine Beine sind schwer, ich muss mich mal hinsetzen. Ich trete durch den schweren Vorhang, der den Raum vom übrigen Ausstellungsteil abtrennt. Unvermittelt stehe ich wieder im belebten Teil des Museums: Fußgeräusche, irgendwer hüstelt. Eine Wärterin sitzt auf einem schwarzen Klappstuhl in der Ecke und betrachtet mich streng. Ohne weiteres Interesse schlendere ich durch die Ausstellung. Ein Pärchen schnattert angeregt vor dem Bild eines Pin-up Modells mit rosa Haut und regenbogenfarbigem Gesicht: ich gähne ausgiebig. Dabei steuere ich zielgrade auf die niedrigen Lederbänke in der Mitte des Raums zu, als mir jemand an die Schulter tippt. Ich stoppe und drehe mich. Meine Frau steht vor mir und grinst mich an: „Sollen wir gehen?“, fragt sie, während sie einen Schritt auf mich zu macht, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berühren. „Ja, lass ‘nen Kaffee trinken“, sage ich und tippe mit meiner Nase auf ihre.
„Und wie hat's dir gefallen?“, fragt sie.
„Gut. Hast du diese blaue Scheibe gesehen?“
„Blaue Scheibe? Nee, ich weiß nicht was du meinst“.
„Die war da in ‘nem Separee“ und ich beschreibe ihr, was ich gesehen habe.
„Klingt interessant“, sagt sie etwas abwesend und schweift mit den Augen durch den Raum. Dann fährt sie fort, als ob es ihr gerade erst einfällt: „Aber nein, ich war oben lange bei dem Schweizer, der die Collagen gemacht hat - mit den Kindern aus Afrika.“
„Ach ja“, sage ich und wir gehen eine Weile schweigend weiter. „Irgendwie kann ich mit politischer Kunst nicht so viel anfangen“, sage ich nachdenklich, als wir grade dabei sind, unsere Rucksäcke aus den Schließfächern zu ziehen.
„Warum?“. Wir steuern direkt auf das Museumscafé zu.
„Mmh, also nicht Alles, aber ich glaube, manchmal sollten die Leute ein anderes Medium als Kunst benutzen.“
„Was meinst du?“
„Wenn man 'ne klare politische Botschaft hat, versteh ich nicht, warum man die nicht einfach aufschreibt. Dann wird immerhin deutlich, was man sagen will und das wird nicht so leicht fehlinterpretiert wie 'n halb- surreal, halb-abstraktes Bild“
„Na, aber oft wollen Künstler etwas vermitteln, das sich grad‘ nicht in Sprache formulieren lässt.“
„Dann hat das nichts mit Politik zu tun. Ich mein‘, dann will man eine grundlegende Erkenntnis ausdrücken, ein Gefühl, was auch immer. Auf jeden Fall irgendwas, das zwar bei politischen Problemen auftaucht, aber genauso in anderen Situationen.“ Ich sehe noch, wie sie ihre Augenbrauen zusammenkneift, dann wird ihre Aufmerksamkeit aber von den Kuchenstücken in der Glasvitrine eingesogen.
Wir bestellen uns beide einen Apfelstrudel. Begleitet vom Geklapper des Geschirrs und dem Rauschen der Kaffeemaschine lassen wir uns an einem breiten Holztisch mit Sitzbänken nieder. Die Wand des Cafés ist aus Glas und man blickt in den leichten Nieselregen eines trüben Herbstnachmittags. Meine Frau lächelt mich kurz an, dann ist sie in ihrem Smartphone verschwunden und scheint nichts mehr von mir mitzubekommen. Also greife ich nach einigen Katalogen und fische mir einen Bildband „Existenzfotografie“ heraus: Eine zusammengewürfelte Ansammlung aus stark nachbearbeiteten Fotos. Nachdem ich die meisten schnell durchgeblättert habe, bleibe ich an einem Bild hängen. Es ist das Schwarz-Weiß-Foto eines Soldaten, der in einem Massengrab von Menschen in gestreiften Anzügen steht. Der Künstler hat die Ränder des Erdgrabens abgeschnitten und durch weitere Tote ersetzt, sodass die ganze Seite ohne ein sichtbares Ende aus Leichen besteht, und der Soldat mittendrin ratlos über eine unendliche Ebene von Toten starrt. Ich betrachte das Bild eine lange Zeit, dann klappe ich das Buch zu, um meinen Kuchen zu essen. Meine Frau hat mittlerweile ihr Smartphone in der Tasche verschwinden lassen und witzelt über den etwas unansehnlichen, aber doch ziemlich schmackhaften Strudel. „Oh, es ist schon halb zwei, wir sollten langsam zum Bahnhof“, sagt sie plötzlich mit einem Blick auf die Uhr. Ich stopfe mir die letzten Bissen in den Mund, dann streifen wir uns die Jacken über und machen uns auf den Weg.
Im Zug haben wir das Glück, ein vollkommen leeres Abteil zu finden. Müde aber entspannt fallen mir bald die Augen zu, und ich döse ein. Als ich aufwache, ist meine Frau über ihren Notizblock gebeugt und notiert etwas in ihrer perfektionierten Handschrift, die ich immer bewundert habe. Sie arbeitet als Soziologie-Dozentin an der Uni und hat sich zur Angewohnheit gemacht, ihre Gedanken über alle möglichen gesellschaftlichen Phänomene zu notieren, besonders im Urlaub. „Das Mem“, hat sie als Überschrift auf der Seite stehen. Gerade ist sie dabei, die erste Zeile zu schreiben. Sie scheint angestrengt nachzudenken. „Gewalt“, ist das erste Wort, das den Satz beginnen soll, aber noch lutscht sie am Ende ihres Kugelschreibers. Endlich setzt sie den Stift wieder auf das Papier und schreibt: „als“, kurz hebt sie den Stift an, dann schreibt sie vorsichtig „Kultur“. Da bemerkt sie, dass ich sie betrachte. „Hi, gut..“. Ich reibe mir die Augen, sie verstummt plötzlich abrupt. Als ich aufblicke ist ihr Platz auf einmal leer. Ich zucke zusammen, aber schon durch diese kleine Bewegung erscheint an ihrem Platz ein senkrechter Strich. Langsam bewege ich meinen Kopf zur Seite und mit jedem Zentimeter wächst ihr Bild ins Abteil. Ihre Haut ist bedeckt von einem dünnen, roten Film. Ich lege meinen Kopf schief und starre geistesabwesend auf die Farbe, die immer dichter wird. Von ihrem Gesicht aus rinnt die Farbe auf ihre Kleider, auf die Sitzbänke, den Boden, bis sie sich so dicht ausgebreitet hat, dass ich keine Tiefe mehr wahrnehme. Das ganze Abteil verschmilzt allmählich zu einer einzigen, gleichmäßig roten Fläche. Raumlos treibe ich eine Zeit durch die Farbe, als mein Verstand endlich aus der Schwerelosigkeit ein Bild formt. Kurz rollen meine Augen, dann sehe ich sie deutlich: Eine große rote Halle. Vor mir, vielleicht 100 Meter entfernt, stehen einige Tiere. Ich schaue über mich. Da ist nur eine rote Decke. Ich drehe mich um. Da ist eine rote Wand mit einer geöffneten Tür. Man sieht den dahinter liegenden grauen Betonschacht. Ich frage mich, ob ich sie schließen soll. Der graue Fleck stört mich. Also gehe ich auf die Tür zu und schließe sie. Im Moment, in dem sie zufällt, verschwindet sie. Ich beuge mich nach vorne und versuche in der Wand die Linie des Türrahmens zu erkennen. Vielleicht ist sie da, aber im Endeffekt werde ich die Tür ohne Griff sowieso nicht öffnen können. „Gut“, sage ich, dabei drehe ich mich wieder um. Vor mir die Tiere. Alle immer noch am selben Platz. „Sie grasen“, denke ich.
Ich gehe etwas durch den Raum, mein Schatten wächst. Meine Schritte klingen dumpf. Schallwellen scheinen sich hier nicht besonders gut auszubreiten. Ich folge weiter meiner dunkelroten Silhouette auf dem Fußboden. Ohne den geringsten Widerstand gleitet sie in Richtung der Tiere. Ich denke, ich sollte ihr folgen; mehr kann ich hier eh nicht machen. Die Tiere sind ungefähr so groß wie Kühe. Im Gegensatz zu Kühen haben sie allerdings graue Haut, wie Elefanten, und lange Hälse, wie Giraffen. Der Hals mündet in einem spitz zulaufenden Kopf. Ich denke nicht, dass sie gefährlich sind. Trotzdem bleibe ich stehen, als ich mich dem ersten Tier bis auf eine paar Meter genähert habe. Es betrachtet zunächst den Boden vor sich, dann hebt es den Kopf und sieht mich kurz an. Langsam schwenkt es seinen schweren Hals nach allen Seiten. Dabei schnaubt es einmal, bevor es seine Augen wieder auf den Boden richtet. Nein, gefährlich scheint es nicht zu sein. Ich bekomme Lust es anzufassen, also gehe ich näher heran. Regungslos betrachtet es den Boden, nur ein Artgenosse schaut zu uns herüber.
Als ich ungefähr auf der Höhe der Vorderbeine bin, dreht es seinen Kopf zu mir, kann mich aber wegen seines langen Halses nicht sehen. Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Haut. Eine zerfurchte, raue Oberfläche. Langsam streiche ich auf und ab. Es legt seine kleinen Ohren an und lässt seinen Kopf sinken. Mit meinen Fingern forme ich eine Kralle und kratze über die dicke Haut. Es öffnet leicht den Mund, ich kratze noch etwas weiter, über den Rücken, seinen Hals entlang. Dabei hebt es den Kopf ganz hoch. Für eine gewisse Zeit ist das eine schöne Beschäftigung, aber irgendwann wird es mir zu langweilig. Ich klopfe mit der flachen Hand auf die Schulter meines neuen Freundes, dann gehe ich mit langsamen Schritten um ihn herum. Von hinten sieht er aus, wie ein zu klein geratener Elefant. Entlang seines faltigen Halses schlendere ich auf den Kopf zu, bis ich direkt vor ihm stehe. Er hat riesige Pupillen, sodass die Augen fast schwarz erscheinen, darunter die spitz zulaufende Schnauze. Darin sind keine Zähne, nur dicke Lippen und eine dunkelgrüne Zunge. Während ich in seine Augen blicke, versinke ich langsam zwischen den langen Wimpern. Meine Sicht wird glasig, Schwere durchzieht meinen Körper. Alles verschwimmt, und der Raum flackert mal Rot, mal Blau. Seine Wimpern formen die Grenzen meines Bewusstseins. Für einen Moment wird alles grau. Ich bin müde. Meine Gliedmaßen zerfließen, als würde ich schmelzen. Der Boden hebt sich zu mir, der Raum streckt sich. Dann stehe ich mit allen vier Beinen fest auf dem Grund. Mein langer Hals trägt einen Kopf, er blickt vor sich auf den Boden. Langsam drehe ich ihn zur Seite und in der Ferne sehe ich einen grauen Punkt. Daneben steht ein Mensch. Auf der anderen Seite ist alles rot. Ich lasse meinen Kopf sinken.
„Es ist eine schöne Welt“, denke ich, auf den Boden starrend. Starrend und starrend. Der Fußboden liegt vor mir, ohne Zeichen auf Veränderung. Veränderung? Es scheint eine Zeitlang her zu sein, dass ich aufgeschaut habe. Ich sollte wieder aufschauen. Als ich nach oben Blicke ist alles immer noch rot. Rot: Pulsierend. So hell, dass mich die Farbe blendet.
Sie strahlt in meinen eigenen Pupillen.
Sie leuchtet durch mich hindurch.
Immer stärker - gleißend hell.
Meine Augen hüpfen sinnlos im Licht auf und ab.
Ohne Halt springen Gedanken von einer Kategorie in die andere.
Ich schwebe
und sehe
alle Farben.
Licht.
Mein Verstand ist leer.
Ich stehe auf einer schwarzen Linie.
Sie ist fünf Zentimeter breit und von perfektem Weiß umgeben. Neben mir zeichnet sich kein Schatten ab. Ich sehe nur meine nackten Füße, eine helle Leinenhose, ein weißes Hemd mit Händen und eine Linie, die sich in der gleichförmigen Landschaft erstreckt. Landschaft? Nein, Landschaft ist das nicht. Das hier ist die Abwesenheit von Landschaft. Ich überlege. Eigentlich hätte ich genug Kraft, um mich auf einem Bein zu halten. Vorsichtig hebe ich meinen linken Fuß und versuche, neben der Linie zu stehen. Ich spüre keinen Boden und strecke das Bein noch etwas tiefer. Immer noch nicht. So werde ich das Gleichgewicht verlieren. Also setze ich meinen Fuß wieder auf die Linie. Von den Verrenkungen ist mir heiß geworden. Obwohl meine Füße schwitzen, merke ich nicht, dass sie am Untergrund kleben. Ich denke, es ist eine Art Kunststoff, er hat keine Temperatur. Wenn ich mit meiner Fußsohle über die Oberfläche fahre, spüre keinen Widerstand.
Was soll ich machen?
Ich kann auf einem Bein balancieren. Das scheint gut zu funktionieren, solange ich nicht probiere, meinen Fuß ins Weiß zu setzen. Eine Weile strecke ich ein Bein in die Luft.
Schließlich stelle ich es wieder hin. Dann drehe ich mich, sodass ich mit den Schultern parallel zur Linie stehe. Ich wende meinen Kopf nach rechts, von wo ich gekommen bin. Dort ist nichts. Einige Zentimeter neben meinem Fuß endet der schwarze Streifen. Ich gehe langsam in die Hocke. Vorsichtig strecke ich meine Hand nach der Linie aus, aber meine Finger durchdringen sie wie Luft. Ich bewege meine Hand auf und ab. Sie gleitet durch die Schwärze, ohne dass ich irgendetwas spüre.
Ich fahre mir durch die Haare und stehe auf. Mit dem Kopf in Richtung Linie mache ich große Schritte nach vorne, setze einen Fuß vor den anderen und noch einen, und noch einen.
Immer schneller gehe ich.
Um mich herum bleibt alles weiß.
Ich wende meinen Kopf nach hinten.
Nichts.
Ich gehe einen Schritt weiter, dann bleibe ich stehen und sortiere die Alternativen.
Ich könnte springen.
Mit einem Arm schlage ich in die Luft,
der andere pendelt schwach. So behalte ich das Gleichgewicht.
Mit der rechten Fußspitze tippe ich dreimal auf den Weg,
dann kratze ich mich am Kopf.
Ich gehe weiter.
Irgendwann zähle ich meine Schritte.
Irgendwann höre ich damit auf.
Ich schleiche.
Danach tanze ich
und rutsche ab.
Mein Körper neigt sich,
er fällt, die Linie verschwindet über mir.
Jetzt ist alles weiß.
Mir bleibt nichts übrig als zu fallen,
doch mein Hemd macht keine Anstalten zu flattern.
Ohne Boden mache ich einen Schritt nach vorne.
Ich schaue mich um.
Nichts.
Wieder setze ich einen Schritt vor den anderen, schlendere etwas vor mich hin.
Dann denke ich, ich könnte ein wenig pfeifen.
Stattdessen entdecke ich unter mir
plötzlich eine Person.
Ich kneife die Augen zusammen,
versuche etwas zu erkennen.
Es ist meine Frau.
In weißem Hemd.
Ich glaube, barfuß, mit heller Hose.
Mit einem Arm winke ich.
Mein Mund öffnet und schließt sich,
und mit einem Mal
dreht sie den Kopf.
Ich strecke die Beine,
setze die Schritte tiefer,
ich breite die Arme aus,
und stoße mich an der Luft.
DSCHUNGELRAUSCHEN, Lyrik
Generatorenlärm.
Ein Leben aus Husten und Matsch.
Stacheldraht beobachtet dich,
wie du liegst,
hinter wehender Plane.
Kinderlungen rasseln
im Plastikrauch der Blechöfen.
Kälte in Dreck,
zwei Mädchen in Flip-Flops
zeigen auf mein Piercing.
Dezember in Calais.
Ein Junge steht am Stöckerzaun,
ein Mädchen davor,
sie dreht den Fuß auf dem Boden,
das Bein angewinkelt,
spielt sich an den Haaren -
er lächelt sie an.
In Bretterhütten
mit Teppichböden
fällt nur wenig Licht.
„Ist genug Zucker in deinem Kaffee?“
Im Hemd steht er,
kleiner Oberlippenbart,
rosa gestreift,
er ist Anfang zwanzig,
mit geschwollenen Füßen,
Schlagstockgeprellt.
Nun sitzen wir
auf Holzpodesten,
auf Bänken.
Man serviert das Essen,
draußen rennen Kinder.
Augen liegen leblos
auf den glänzenden Bildern
des Fernsehers.
Glück löst sich unerkennbar auf,
homöopathisch verdünnt,
im Mittelmeer
zwischen Leichen,
in libyschen Fabrikhallen.
Mit Fladenbrot schaufel' ich Reis,
kleckernd.
„Kannst du nicht essen?“,
fragt Ahmed lachend,
hinterm Stöckerzaun sitzend,
davor schlendern die Leute,
zwischen Schlammhügeln,
versinken Menschen.
Hier liegen Mütter in Zelten
und das Leben gräbt sich frei,
geschüttelt von Wehen.
.
DER SEE, LYRIK
Blätter im See
Auf stillem Spiegel
Mit dem Himmel unter mir
schlage ich schwimmend
Wolken zu Wellen
Hier zu fliegen
ist ein Spiel
nichts steigt
nichts fällt
Ich tauche
mit Lust
in Stille
An der Oberfläche
atme ich Leben
Bis ich sinke
auf dem Rücken liegend
sich schwerelos verlierend
ein Himmel ohne Spiegelbild
Tücher, Lyrik
Als Kind
stand ich
zwischen langen Tüchern
wehend im Wind
Sie zogen wie Arme
leblos bunt
durch die Luft
meine Finger streifend
Von Tüchern umringt
fiel Regen
und laut
nach Farben sortiert
klatschten die Tücher
in mein Gesicht
Ein Wind
trieb sie:
Blau
nach Osten
Rot
nach Westen
Bunt
zerfiel die Welt
Dices, Lyrik [ENG]
a smile
like a mirage
your past image
behind dancing clarity
time
stands on top of a slide
throwing human dices
cheering
laughing
ticking
while we moan tumbling
trying to find a hold
to stop the slide
spinning
a smile
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ticking
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